Als massgebendes Terrain gilt der natürlich gewachsene Geländeverlauf. Kann dieser infolge früherer Abgrabungen und Aufschüttungen nicht mehr festgestellt werden, ist vom natürlichen Geländeverlauf der Umgebung auszugehen. Aus planerischen oder erschliessungstechnischen Gründen kann das massgebende Terrain in einem Planungs- oder im Baubewilligungsverfahren abweichend festgelegt werden.
Kommentar:
Das massgebende Terrain ist für die Gesamthöhe, Fassadenhöhe, unterirdische Bauten, Unterniveaubauten und Terrainveränderungen relevant. In vielen kantonalen Bauordnungen entsprach das massgebende Terrain dem bei Einreichung des Baugesuchs bestehenden Verlauf des Bodens (§ 5 ABV ZH, § 13 ABauV AG, Art. 97 BauV BE). Auf frühere Verhältnisse war nur zurückzugreifen, wenn der Boden innert eines festgelegten Zeitraums von bspw. 10 Jahren (Kanton Zürich) vor der Baueingabe in einem im Zeitpunkt der Ausführung der Bewilligungspflicht unterliegenden Ausmass aufgeschüttet und das neue Terrain in der baurechtlichen Bewilligung oder in einem förmlichen Planungs- oder Projektgenehmigungsverfahren nicht ausdrücklich als künftig gewachsener Boden erklärt worden war. Massgebend war also in der Regel nicht irgend ein früherer, sondern der heutige Zustand des Terrains, d.h. das Terrain, wie es sich darstellt, bevor es der jetzt Bauwillige verändert (vgl. AGVE 1984, S. 405 f.).
Neu definiert Ziff. 1.1 Anhang 1 zur IVHB Satz 1 das massgebende Terrain als „natürlich gewachsenen Geländeverlauf“. Doch was ist unter „natürlich gewachsenem Geländeverlauf“ zu verstehen? Gemäss IVHB-Erläuterungen zu Ziff. 1.1 ist damit gemeint, „(…) dass auf den seit langem bestehenden, weitgehend durch natürliche Prozesse entstandenen Geländeverlauf abgestellt wird und nicht auf einen Geländeverlauf, der auf menschliche Eingriffe wie frühere Abgrabungen und Aufschüttungen zurückgeht“. Mit anderen Worten: Es ist auf den Geländeverlauf, der ohne menschliches Zutun entstanden ist, abzustellen.
Der „natürlich gewachsene Geländeverlauf“ wird grundsätzlich auf dem Baugrundstück selbst ermittelt. Ist das Baugrundstück unüberbaut und bestehen keine Anzeichen für eine Abgrabung oder eine Aufschüttung, erweist sich dies als unproblematisch. Schwieriger wird es auf dem überbauten Baugrundstück. Hier müssen die Veränderungen im Gelände weggedacht werden. Zudem lohnt sich ein Besuch im Baugesuchsarchiv; die in alten Baubewilligungen dokumentierten Zustände geben Hinweise auf den ursprünglichen Geländeverlauf. Schliesslich sind auch alte Gebäude wie Kirchen oder alte Bauernhäuser sowie Wegmarken und alte Bäume zu berücksichtigen. Von weitergehenden Abklärungen (Beizug von historischen Karten; Geometer; geologische Gutachten) ist unseres Erachtens in der Regel abzusehen.
Kann der „natürlich gewachsene Geländeverlauf“ auf dem Baugrundstück selbst infolge früherer Abgrabungen und Aufschüttungen nicht festgestellt werden, ist gemäss Satz 2 „vom natürlichen Geländeverlauf in der Umgebung auszugehen“. Es sind also dieselben Abklärungen wie auf dem Baugrundstück selbst in der Umgebung vorzunehmen.
Schliesslich bestimmt Satz 3, dass „aus planerischen Gründen“ das massgebende Terrain in einem Planungs- oder Baubewilligungsverfahren abweichend festgelegt werden kann. Unter planerischen Gründen dürften der Grundwasser- und Hochwasserschutz, die Erschliessungsplanung (mit dem Anschluss der angrenzenden Bauten und Anlagen) sowie Lärmschutz oder Ortsbildschutz gemeint sein.
Rechtsprechung:
- Urteil 602 2015 137 des Kantonsgerichts Freiburg vom 23. März 2016:
Die Baubewilligungsbehörde hatte in casu mangels präzisen Angaben über den natürlich gewachsenen Geländeverlauf das aktuell gewachsene Terrain zur Anwendung gezogen. Die von den Beschwerdeführenden dagegen vorgebrachten Fotografien und Pläne vermochten nach Ansicht des Gerichts nicht zweifelsfrei den natürlich gewachsenen Geländeverlauf nachzuweisen. Das Terrain befand sich seit mindestens 1953 und damit seit mehr als 60 Jahren in diesem Zustand; die benachbarten Liegenschaften auf derselben Strassenseite befinden sich in ähnlichen Lagen. Die Gemeinde ging daher nach Ansicht des Kantonsgericht Freiburg richtigerweise davon aus, dass das bestehende Terrain der Umgebung als Referenz beigezogen werden darf. - Bundesgerichtsentscheid vom 28.08.2009 (1C_170/2009):
Das Verwaltungsgericht wendet für die Ermittlung der Fassadenlänge die IVHB-Begriffe „Gebäudelänge“ und „Gebäudebreite“ an.